Klinikclowns – Warum?


Historischer Hintergrund

Das Konzept vom "Lachen im Krankenhaus" ist nicht neu.
Schon vor ca. hundert Jahren besuchten Geschichtenerzähler, Musiker und Narren die damaligen Orte der Kranken. Am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts verkleideten sich in Wien Krankenpfleger als Clowns, um Schmerz und Elend zu vermindern und die Kinder zumindest kurzfristig den "grauen Alltag" vergessen zu lassen.

Etwa im Jahre 1985 begann Michael Christensen aufgrund persönlicher Betroffenheit in einem Krankenhaus in New York als Clown zu arbeiten. Der Erfolg war augenscheinlich. Die Kinder reagierten sehr positiv; es wurde viel mehr gelacht und die Atmosphäre in der Abteilung war entspannter und belebter.

Die "Naivität" der Clowns (s.u.) brachte eine erhebliche Erleichterung auch und gerade bei schwerkranken Patienten.

Anfang der 90er Jahre brachte Laura Fernandez, die Idee direkt aus Amerika nach Wiesbaden und gründete dort einen "Clownspool".

In Österreich begann etwa zur gleichen Zeit im Allgemeinen Krankenhaus in Wien ein Clownspaar mit der Arbeit. Im Februar 1993 startete ein vergleichbares Projekt in der Universitätsklinik A. Z. Jette, in Brüssel und ebenso an der Universitätsklinik in Münster. In der Schweiz gibt es eine Stiftung, die Gelder zur Verfügung stellt, um die Arbeit der dort arbeitenden Clowns zu finanzieren.

Auch in Frankreich, Holland und in anderen Teilen Europas sind immer mehr Aktivitäten in diese Richtung entstanden.

 

Clowns in Kliniken

Viele Kinder werden in Krankenhäuser aufgenommen bzw. in diesen ambulant behandelt. Ob es sich dabei um ernsthaft Erkrankte, Unfallopfer oder um Patienten handelt, die immer wiederkehrende Behandlungen über sich ergehen lassen müssen, sei dahingestellt.

Sie kommen alle - oft völlig unvorbereitet - in eine unbekannte, fremde Welt, die sehr bedrohlich erscheint. Die Kinder haben Angst vor Spritzen oder schmerzhaften Untersuchungen, leiden unter dem Verlust der bekannten Umgebung und vermissen vertraute Personen, oder fühlen sich einfach nur ängstlich, hilflos und traurig.

Viele Kinder meinen sogar, die Krankheit sei eine Strafe für eine Verfehlung, also ihre eigene Schuld.

Die Aufgabe der Clowns besteht darin, die Aufmerksamkeit der Kinder zu erregen und sie zum Lachen zu bringen. Dadurch werden die Ängste und Spannungen der Kinder und deren Angehörigen reduziert.

Wir alle wissen, dass Lachen gesund ist. Es hat heilende Funktionen. Humor erzeugt eine Atmosphäre von Offenheit und Freiheit; man kann Abstand nehmen von unangenehmen Situationen oder Menschen. Mit Humor kann man in fast jeder tragischen Situation auch etwas "komisches" entdecken.

Humor wirkt befreiend und relativierend.

Stress wird vermindert, Angst reduziert.

Die Eigenschaften der Clowns bewirken, dass Kinder ihre Gefühle bei ihnen leichter äußern. Hier können Spannungen und Ängste spielerisch abgebaut werden. Die Kinder dürfen die Clowns "benutzen", um ihre Emotionen zu verarbeiten.

 

Was ist das besondere an den Clowns?

Der Clown ist weltfremd; seine Reaktionen auf Situationen sind unerwartet und naiv. Er hat Angst vor Dingen, die dazu keinerlei Veranlassung geben, er weint, wenn wir meinen, er müsse lachen und eine drohende Gefahr erschreckt ihn nicht.

Er ist spontan, darf alles sagen und lügt nicht. Weil der Clown die Welt anders sieht, macht er regelmäßig "Dummheiten". Das Kind darf in der Interaktion mit dem Clown gewinnen und ihn zurechtweisen. Es ist der Lehrer des Clowns.

Der Clown hat andere Normen und Vorstellungen von Ordnung, nett sein, Sauberkeit ... als die herkömmlichen, gesellschaftlich anerkannten. Darum können Kinder bei ihm ungehemmter agieren und auch sogenannte unangenehme Gefühle äußern, bzw. ausagieren.

Der Clown wird Teil der Fantasiewelt des Kindes; er ist eine magische, schillernde, ungewöhnliche, aber doch auch vertrauenerweckende Figur. Er macht außerordentliche Dinge, die "normale" Erwachsene nicht tun oder können. Dafür bewundert ihn das Kind.

Aber er ist auch gleichzeitig der Antiheld.  

Er ist die "personifizierte Vergrößerung" der menschlichen Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen. Die Kinder erkennen unbewusst sich selbst in dem Clown, ihre eigenen Unsicherheiten, ihre eigene Ohnmacht und sind dadurch, genau wie der Clown auch, eher in der Lage, Gefühle wie Glück, Lachen oder Weinen, Verzweiflung oder Aggressionen zu zeigen.

Der Clown ist als Freund der Kinder halb Mensch und halb Märchenfigur, am ehesten in der Lage, Zugang zu bekommen zur Welt der Kinder. Er hat nichts mit der medizinischen Versorgung zu tun, die das Kind über sich ergehen lassen muss - er ist nicht Bestandteil des Elternhauses oder der Klinik.

 

Wie arbeiten Clowns in Institutionen?

Clowns sollten auf jeden Fall technische Fähigkeiten beherrschen, wie z.B. zaubern, musizieren, tanzen, jonglieren, Geschichten erzählen, singen etc.

Darüber hinaus wird von den Clowns hauptsächlich improvisiert. D.h. Klinikclowns machen in der Regel keine einstudierte Show, sondern spielen mit dem, was gerade da ist. Alle "Besuchten" bekommen individuell ihre, auf sie abgestimmte Begegnung mit den Clowns. Ihre persönliche "Vorstellung".    

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es für viele Kinder sinnvoll ist, die Möglichkeit zu haben, zwischen einem männlichen und einem weiblichen Clown als Identifikationsfigur zu wählen. Eine Clownsvisite sollte deshalb idealerweise aus dem regelmäßigen Besuch eines weiblichen und eines männlichen Clowns bestehen, die von Bett zu Bett gehen, bzw. sich in der Ambulanz aufhalten und mit den Patienten oder Bewohnern sprechen, spielen und sie zum Lachen bringen.

Meistens arbeiten die Clowns so, dass einer die Rolle des "dummen Augusts" übernimmt und der andere die des sogenannten Weißclowns.

Während z.Bsp.  jüngere Kinder in dem Weißen eine Art Freund oder Komplizen sehen, der sie beschützt und auf sie aufpasst kann, personifiziert der Rote eher die abenteuerliche Seite und ist der, mit dem man toben kann.

Der Rote ist naiv, beeinflussbar, immer fröhlich, zu allen Späßen aufgelegt, macht, was man ihm sagt. Jedes Kind ist in der Lage ihn zu "beherrschen".

Der Weiße stellt stellt oft den ersten Kontakt mit den Patienten/innen her, verbündet sich mit ihnen, leitet die Aktivitäten oder sonstige Aktionen.

Zusammen treiben sie ihre Späße, zusammen haben sie Geheimnisse, ärgern z.Bsp. den Roten oder setzen ihm Grenzen.

Ohne den Weißen würde dieses Spiel nicht funktionieren, denn der Rote kennt keine Grenzen. Ohne den Weißen würde das große Chaos ausbrechen; er hält die Fäden in der Hand. Er verbindet sich mit den Bedürfnissen der Kinder und leitet möglichst so, dass kein Beteiligter etwas davon bemerkt.

So lässt er z.Bsp. "zufällig" die Information ins Spiel einfließen, dass sich der Rote nie die Zähne putzt, nicht lesen kann, sich nur einmal in der Woche wäscht, behauptet, keine Angst vor Löwen zu haben, aber vor Mäusen davon läuft etc.

Der Rote, hier Spargel, spielt das Spiel mit und lässt sich bereitwillig Spritzen geben oder operieren; er ist der Looser, der Underdog, der aber immer wieder lacht, weil er nicht Bestandteil des Systems ist - weil er nicht versteht, warum zum Beispiel Feigling zu sein etwas negatives sein soll.

Der Rote und der Weiße sind wahre richtig dicke Freunde und brauchen sich!

 

Qualitätsmanagement

Um die Arbeit als Clowns im Krankenhaus noch effektiver zu gestalten, neue Anstöße für die Arbeit zu bekommen und einen Austausch mit anderen Clowns herbeizuführen, sollten Clowns regelmäßig an Workshops teilnehmen.

Alle Clowns sollten regelmäßig in den Häusern gecoacht und unterstützt werden, damit die Qualität verbessert wird und sich keine "eingefahrenen" Strukturen etablieren können.

 

Konkrete Arbeitsmethode

  • Ein Clownsduo besucht einmal in der Woche alle Kinder auf den entsprechenden Stationen
  • Es findet eine Übergabe mit den Schwestern oder Erzieherinnen statt
  • Clowns haben selbstverständlich Schweigepflicht
  • Die hygienischen Bestimmungen sind sehr wichtig
  • Der Ablauf des Besuchs wird individuell auf das einzelne Kind und die anwesenden Personen abgestimmt. Die Kinder sollen in den Clowns Vertraute sehen; sie werden zum Mitspielen aktiviert und so aus ihrem passiven "Patient - Sein" geweckt
  • Es werden nur selten vorher ausgearbeiteten Nummern gezeigt, meistens wird, unter Zuhilfenahme von Musikinstrumenten, Zauberei, Objekten usw. frei improvisiert.
  • Jedes Kind darf selbst entscheiden, ob es den Besuch von den Clowns wünscht.
  • Die Kommunikation mit den in der Abteilung tätigen Schwestern, Heilpädagogen, Ärzten usw. ist natürlich unerlässlich.
  • Es gibt einen Etik Code, der beachtet werden muss

Das Lachen verjagt den Schrecken, erzeugt Optimismus und damit ein Gefühl der Entspannung, das dem Kind auch helfen kann, eine schwierige Phase seiner Krankheit zu überwinden.